Archiv des Autor: joerg

24. Tag, Les Salles sur Verdon – Castellane

Samstag, 17.05.14, 54 km

Siggi traf dann gestern, lange nach Redaktionsschluss, doch noch ein. Der Weg, den er genommen hatte, war eigentlich nicht befahrbar. Er musste nach oben schieben und genauso nach unten, mit angezogenen Bremsen. Es war sehr steil, aber er ist, zum Glück, heil angekommen. Ein harter Hund, eben. Ich versorge ihn mit Bier. Das hilft immer.
Heute geht es in die Schlucht der Verdon. Unten der Fluss, oben wir. Das Touristenbüro empfiehlt uns die Nordroute, die sei nicht ganz so hoch. Ha! Nicht ganz so hoch?!
Noch 10 km fahren wir an diesem herrlichem, azurblauem See entlang. Dann beginnt die Steigung. Nach 5 km öffnet sich der Blick auf die Schlucht. Oh Gott, oh Gott …. Ist das hoch und geht das steil ab. Direkt rechts neben meinem Fahrrad geht es ins Bodenlose. Ich bin eigentlich nicht höhentauglich und bekomme sofort ein merkwürdiges Gefühl im Magen und weiche Knie. Fahrt‘ mal mit weichen Knien Fahrrad, eine Steigung hinauf. Ich halte mich in der Mitte der Straße, fast links und zwinge mich nicht zur Seite zu sehen. Wenn ein Auto von hinten kommt, halte ich an. 10 km geht das so, dann stehen rechts wieder Bäume und ich kann diesen Abgrund, zum Glück, nicht mehr sehen. Wie viele namenlose Tourenradler wohl schon da unten liegen?
15 km lang hält die Steigung an, dann schalte ich das erste Mal wieder einen Gang höher. Wir sind auf über 1000 Meter, Rekord! Spektakuläre Blicke auf die bieten sich noch weiterhin, während der Fahrt nach Castellane. Ist doch eine Nummer größer, als die Ardecheschlucht, auch der Fluß ist reißender. Bin doch froh wieder unten zu sein.

23. Tag, Manosque – Les Salles sur Verdon

Freitag, 16.05.14, 76 km

Oh, ich schlafe zu lange und gleich beim Aufstehen merke ich das war etwas zu viel von diesem wundervollen Wein. Wir trinken meistens den aus der jeweiligen Region in der wir gerade sind. Schmeckt auch immer toll und während man für ein Bier auch gerne mal Ratenzahlung vereinbart, so teuer wie das immer ist, ist der Wein echt preiswert. Kopfschmerzen habe ich nicht, aber ein bißchen schwach auf den Beinen. Na wird schon werden, selber schuld.
Wir fahren auf ruhigen Wegen in den Nationalpark Du Verdon. Hier gibt es auch so einen Canon, wie an der Ardeche. Den wollen wir uns morgen ansehen. Es geht gemütlich dahin.Die Weinhänge sind verschwunden, dafür gibt es riesige Lavendelfelder. Muss toll aussehen, wenn sie im Sommer alle in Blüte stehen. Dann ist die ganze Gegend lila eingefärbt. In der Ferne sind schon die Alpen zu sehen. Steigungen gibt es natürlich immer noch, aber sie sind eher lang und daher nicht so steil.
„Da hat’s ein paar Buckele“. Siggi ist Schwabe.
Wind ist nicht mehr vorhanden. Es ist warm, die Sonne scheint, die Vögel zwitschern… so muss es im Tourenradlerparadies sein.
Gegen 2 Uhr erreichen wir den See Sainte-Croix. Das ist ein Anblick. Wir sehen von oben auf den See herab. Die Berge drumherum, diese Farbe, wir sind fasziniert.
Wir zelten heute direkt am See. Siggi wollte eine Abkürzung, direkt über den Berg nehmen. Mir war das zu steil und es sah auch eher nach Wanderweg aus. Ich fahre drumherum. Das ist zwar weiter, auch mit Steigung aber mir erscheint das doch sicherer. Ich bin jetzt 1,5 Stunden auf dem Zeltplatz und Siggi ist noch nicht da. Oh, oh.

22. Tag, Lourmarin – Manosque

Donnerstag, 15.05.14, 53 km

Heute geht es auf ruhigen Wegen dahin. Kaum Autoverkehr. Der Wind ist noch vorhanden, hat aber spürbar nachgelassen. Die Strecke ist nicht ganz leicht, einfach wellig, es geht immer wieder rauf und runter. Aber das kennen wir ja schon. Wir schaffen daher im Endeffekt auch nicht so viele Kilometer. Was soll’s.
Es geht vorbei an hübsch renovierten alten Bauernhäusern, wir durchfahren kleine Dörfchen, die alle in diesem provenzialischen Stil erhalten geblieben sind. Hier ist durch den letzten Krieg eben nicht so viel kaputt gegangen, wie bei uns. Die Häuser und Anwesen sind teilweise schon sehr alt. Es geht entspannt dahin. Hier kann man sie baumeln lassen, die Seele. Schön!
Wir erreichen den Campingplatz in Manosque schon gegen 16:00 Uhr. Sehen uns noch etwas in der Stadt um und ich kann’s nicht lassen und kaufe noch ein Magneterinnerungsbildchen zum Anpinnen an meinen Kühlschrank zu Hause.

21. Tag, Avignon – Lourmarin

Mittwoch, 14.05.14, 73 km

So weit wie der Mistral weht, so weit reicht die Provence. Sagt ein hiesiges Sprichwort. Und er weht der Mistral, dass es nur so rauscht. Er kommt zwar den größten Teil der Strecke auch mal von hinten oder der Seite, aber bei Böen mit fast Sturmstärke ist das auch nicht angenehm. Nun ist leider unser Radweg an der Rhone entlang gesperrt. Wir müssen auf die stark befahrene Landstraße ausweichen und das bei diesem Wind …… anstrengend und nervig. Gegen Mittag erreichen wir ruhigere Straßen, der Wind bleibt. Und am Nachmittag erreichen wir den Naturpark „Regional du Luberon“. Wir sehen wieder die sanften, bewaldeten Hügel, links und rechts unserer Route. Ein hübscher, gepflegter Campingplatz. Fast leer. Ein paar Schweizer, Niederländer natürlich und ein deutsches Rentnerehepaar hat sich auch hierher verirrt. Mehr gibt’s nicht. Man merkt, dass die 2 Wochen Ferien in Südfrankreich am Montag zu Ende gegangen sind.
Verluste des Tages: Mein elektrischer Rasierapparat hat keinen Saft mehr. Obwohl ich ihn selten benutzt habe und er zu Hause eigentlich wochenlang geladen ist? Ich werde verwahrlosen. Meine Drogerielesehilfe mit dem schicken Halsband, gekauft in Avignon. Vom Winde verweht…..

20. Tag Avignon

13.05., Dienstag, einige Kilometer zu Fuß

Avignon ist eine wundervolle, mittelalterliche Stadt. 5000 Jahre alt, UNESCO-Weltkulturerbe. Die ganze Stadt ist von einer dicken Mauer umfaßt und oben heraus guckt der Papstpalast. Im 14. Jahrhundert Hauptstadt des christlichen Abendlandes, 9 Päpste residierten hier. Also voller uralter Geschichte, wo man auch nur hintritt.
Wir besichtigen natürlich den Papstpalast. Siggi beeilt sich, er hat sich einen neuen Fotoapparat gekauft und will schnell auf den Zeltplatz zurück, um ihn aufzuladen. Der alte hat die Wasserung in der Ardecheschlucht nicht überstanden.
So schlendere ich alleine durch die Stadt. Staune dort und auch mal hier, esse Salat und trinke Kaffee. Es hat sich schon gelohnt in dieser Stadt einen Tag zu verbringen. Allerdings ist es auch ganz schön voll. Ich erkämpfe mir meinen Weg durch eine Gruppe uralter englischer Ladies mit schicken Hüten, die bei diesem Wind aber irgendwie unpraktisch sind. Deutsche Abiturklassen zum Kulturtrip verdonnert, würden sicher lieber Party machen. Eine Busladung chinesischer Touristen steht diskutierend vor einem Spender von Tüten für Hundekot. Sie betrachten irritiert das Hundesymbol auf dem Blechdeckel. Was die jetzt wohl so denken? Vielleicht halten sie das Ding ja für einen Automaten an dem man sich einen Hund zum Mittagessenziehen kann? In ihrem Land geht es ja mit Hunden anders zu, da isst man sie ja eher, als ihre Hinterlassenschaften zu sammeln. Wie auf Kommando haben alle plötzlich ein Brett vor dem Gesicht. Jetzt gucke ich irritiert. Aber es stellt sich schnell heraus, dass es sich um normale Tablet-PC’s handelt. Per Click wird der Fotosammlung jetzt auch ein Abbild des Hundekotsammeltütenspenders hinzugefügt. Die Fotoapparateindustrie ist wohl in China noch nicht so entwickelt, man nimmt eben diese Dinger.
Morgen geht es weiter. Richtung Osten, durch die Provence. Wir sehnen uns auch schon wieder nach ruhigeren Orten und Campingplätzen.

19. Tag Saint-Martin d‘ Ardeche – Avignon

2014051218434000Montag, 12.05.14, 69 km

Heute geht es weiter nach Avignon. Diese Stadt müssen wir natürlich besichtigen. Sie war Papstsitz vom 13. Bis 14. Jahrhundert. Es wird viel zu sehen geben.
Die Route dorthin ist nicht besonders aufregend. Wir fahren auf der Landstraße, bei mäßigem Autoverkehr, bis nach Orange. Hier kreuzt sich unsere Route der bereits gefahrenen. Wir waren in Orange schon am 28.April. Nach Orange geht es auf ruhigen Straßen durch die Weinberge vor Chateauneuf-du-Pape. Dieser Ort ist sehr berühmt wegen seiner hervorragenden Weine. Dort herrscht auch viel Getümmel, ein Weingeschäft am anderen, wir machen Mittagspause. Der Wein ist uns zu teuer, 16 Euro Einstiegspreis.
Wir nähern uns der Stadt, der Verkehr wird deutlich dichter. Wir haben unseren Campingplatz fast im Zentrum, auf einer Insel in der Rhone.

Noch etwas muß ich Euch erzählen: Am Anfang der Tour, als ich meine kurze Fahrradhose angezogen hatte, hatte der Bund an den Beinen, kurz über den Knien, sehr viel Spiel, saß also sehr locker. Das ist vorbei. Er ist jetzt sehr stramm und wenn ich ihn höher ziehe, kneift es……… Was soll ich sagen? DAS sind Muskeln! Die sind mir doch tatsächlich auf dieser Radtour gewachsen. Das kommt von den vielen Höhenmetern. Ganz ohne Fitnesscenter, Anabolika oder Proteinshakes. Nur durch Fahrradfahren und Käsebaguettes. Ist das nicht faszinierend. 🙂

18. Tag, Vallon Pont d’Arc – Saint-Martin d’Ardeche per Kajak

Sonntag, 11.05.14, 35 km mit dem Kajak

Um 09:00 Uhr geht es los wir fahren mit einem Kleinbus zurück zum Eingang der Ardecheschlucht. Man kann die Ganze Schlucht nur im Ganzen bepaddeln. Es gibt unterwegs keine Einstiegspunkte (aber auch keinen Ausstieg). Nach einer Stunde sind wir da. Die Sicherheitseinweisung beschränkt sich auf einen Fingerzeig zum Fluß nd dem Hinweis, dass da die Route langgeht, aha. Die Einweisung des französisch-sprachigen Publikums ist wesentlich umfangreicher. Wir verstehen nichts, hoffentlich entgeht uns hier nicht Lebensnotwendiges?!
Wir starten am Felsentor. Noch ist es regnerisch und bedeckt. Warum sind in der Mitte des Kajaks eigentlich 2 Löcher? Nach der ersten Stromschnelle weiss ich es. Es kommt Wasser ins Boot und nicht zu knapp, durch die Löcher soll es wieder abfließen. Aha. Der Einerkajak ist so konstruiert, dass hinten de tiefste Punkt ist. Da sitze ich. Nunmehr mit dem Hintern im Wasser und das die ganze Reise. Sonne bitte hilf!
An der 23. Stromschnelle passiert es, fas Boot bleibt an einem Felsen hängen, die Strömung ist so stark, dass es sich mit der Seite zum strömenden Wasser neigt, voll Wasser läuft und ich in die garnicht so kalten Fluten der Ardeche stürze. Ich lasse das Boot und das Paddel nicht los, ohne die Beiden komme ich hier nicht mehr weg. Nass, von oben bis unten. Zum Glück zeigt sich bald darauf die Sonne und alles wird gut. Sigi ereilt dasselbe Schicksaal gleich zweimal.
Wunderschöne Eindrücke, das Wasser ist sehr klar, man kann die Fische drin sehen, links und rechts nur hohe, steile Wände.
Im Endeffekt waren wir 6 Stunden unterwegs, war dann doch schon lange. Besonders der lange Endspurt zieht sich hin. Wir beglückwünschen uns gegenseitig und beschließen heute einen echten Kognak an der Bar zu trinken. Auf unsere Heldentat!

17. Tag, Vallon Pont d’Arc – Saint-Martin d’Ardeche

Samstag, 10.05.14, „nur“ 40 km

Ein schöner Morgen, die Sonne lacht, wir sind bereit für neue Erstaunlichkeiten.
Es geht die Ardeche entlang. Nach einem sehr steilen Anstieg, an dessen Ende ich nur noch schieben kann, erreichen wir den höchsten Punkt dieser Panoramastraße und haben den ersten Ausblick auf die Schlucht. Wow! Da hat sich die Natur aber Mühe gegeben. Wir gucken tief in die Schlucht herab, unten fließt die Ardeche. In Jahrmillionen (vielleicht waren es auch nur ein paar Tausend. Ist nicht so einfach, wenn man nur einfachstes Bonjourfranzösisch beherrscht.) hat sich der Fluß diese tiefe Schlucht gegraben. Auch die Steinzeitmenschen waren begeistert. Es gibt viele Höhlen, die von ihren Spuren zeugen. Eine enthält die umfangreichsten Höhlenzeichnungen, die bisher entdeckt wurden. Sie sind so wertvoll, dass die Höhle für Besucher geschlossen bleibt. Aber es wird eine 1:1-Kopie angefertigt, die kann dann besichtigt werden. Toll, die Franzosen eben?! Ist aber erst 2015 fertig.
Die Strecke bleibt anspruchsvoll. Es geht über 30 km bergauf, bergab. Man fährt um den einen Hang links herum rasant bergab, dann kommt der nächste Hang, da geht es wieder rechtsherum hinauf …..so geht’s dahin.
Wir beschließen heute nicht bis Orange zu fahren, sondern hier in der Ardecheschlucht zu bleiben. Daher sind wir schon um 2 auf dem Campingplatz. Reicht auch für heute. Die Rezeption hat zu, die Touristeninfo auch. In Frankreich gibt es noch die Mittagspause. Um 3 wird wieder geöffnet. Ist wohl doch alles etwas entspannter hier.
Morgen fahren wir per Kajak durch den Canon. Das wird spannend.

16. Tag, Anduze – Vallon Pont d’Arc

Freitag, 09.05.14, 80 km
Ein herrlicher Morgen. Die Sonne scheint. 27° sind für heute versprochen.
Etwas Kopfschmerzen, man sollte eben nicht Wein und Bier im prallen Sonnenschein trinken. Aspirin hilft immer.
Die erste Steigung läßt nicht auf sich warten. Es geht in die Hügel oberhalb der Stadt. Wir folgen den Ausläufern der Cevennen. Die Strecke ist stark befahren, vielleicht ist auch so voll, weil heute Freitag ist? Das nervt etwas. Es ist drückend heiß, 32 °, wie im Hochsommer. Wir freuen uns auf längere Abfahrten (nach den Steigungen),dann kühlen wir uns ab. Noch vor ein paar Tagen sind wir bei diesen Abfahrten immer fast erfroren. Wir erreichen das Rhone-Alpen-Gebiet und schaffen es bis zum Eingang der Ardecheschlucht. Die Ardecheschlucht ist die französische Antwort auf den Grand Canon in den USA. Wir haben uns heute einen 5-Sterne-Campingplatz geleistet. Sehr schick, 15 Euro, alles vom Feinsten, Tennis ist für uns heute inklusive. Wir lassen es und bestaunen den Fluß, der hier direkt vorbei fließt.

Unter uns: Die französischen Frauen sind (meistens, nun wirklich nicht alle) sehr hübsch, immer schlank und etwas exotisch. Die schönsten wurden zu Kellnerinnen und Verkäuferinnen verpflichtet. Ist gut für’s Geschäft. Ich habe manchmal den Eindruck, die machen auch keinen großen Hehl daraus, wenn sie sich für einen interessieren. Aber vielleicht kommt mir das auch nur so vor, weil ich schon so lange von meinem Schatz getrennt bin. Meine Moni, zu Hause in Berlin, ist viel hübscher als die ganzen Madames und Femmes zusammen. Ich liebe sie sehr, das merke ich jetzt erst richtig und bin ihr dankbar, dass sie mich etwas widerwillig zwar, aber doch 4 Wochen von zu Hause fort lässt und mit „fremden“ Männern durch die Gegend radeln lässt.

15. Tag Ruhetag

Donnerstag, 08.05., 0 km
Den Vormittag haben wir so mit Kaffeetrinken, Wäschewaschen und Garnichts verbracht. Wundervoll. Es ist das herrlichste Wetter, wie im Hochsommer.
Gegen Mittag fahren wir in die Stadt. Für den Markt kommen wir schon zu spät, es wird gerade abgebaut. Wir schlendern durch die kleinen Gassen, alle Restaurants sind voll. An manchen wird sogar angestanden. Die Franzosen legen eben viel Wert aufs Essen. Gegen 2 Uhr wird es etwas leerer, wir erwischen einen Platz, essen Salat und trinken einen viertel Roten.
Zurück auf dem Zeltplatz wird gebadet. Es gibt einen Swimmingpool, nicht geheizt, aber das Wasser ist warm genug. Noch mal in Worten: Es ist der 8. Mai und ich bade im Freien!