In der Stadt herrscht ein ziemliches Gedränge. Es ist Markttag. Das Stadtbild wird beherrscht von den bunt gekleideten Hˋmong. Das ist die hier ansässige ethnische Minderheit. Sie wohnen in den vielen kleinen Dörfern in den Bergen, rund um Sa Pa. Die H’mong sind es auch, die den Markt hier beherrschen. Besonders die Frauen sind sehr verkaufstüchtig und lassen nicht so leicht locker. Am Besten nicht das geringste Interesse zeigen, auch nicht nur kurz zögern oder die Ware ansehen, sonst wird man sie so leicht nicht mehr los. Ein entschiedenes „No, thank you“ am Anfang sorgt aber schnell für Klarheit.
Und was heute, am Sonntag, besonders auffällig ist: Durch die Nähe zur chinesischen Grenze begünstigt, fallen Tausende von Chinesen in die Stadt ein. Sie werden mit großen Reisebussen angekarrt. Manche kommen auch mit dem eigenen Auto. Sie wollen hier günstig Krimskram einkaufen, gut essen und spazierengehen, meist flaniert man um den SaPa-See, der im Herzen der Stadt sehr zentral, gelegen ist.
Die H’mong sind sehr kleine Menschen, ihre Kinder sind natürlich noch kleiner und ganz, ganz klein sind die Babys, die von den Kindern auf dem Rücken rumgetragen werden. Sie möchten nicht gerne fotografiert werden, erst recht die Kinder nicht. Es sind extra Hinweisschilder aufgestellt, die die Touristen dahingehend belehren. Also fotografiere ich möglichst heimlich.
Aber die sollen mich mal fragen. Als weißer, hellhaariger (auch wenn es grau ist) Europäer bin ich hier ein Exot. Ich muß auf so manches chinesische Foto mit rauf. Mich fragt auch keiner. Auf einmal stehen ein, zwei Chinesen links und rechts von mir und gegenüber einer der auf den Auslöser drückt. Oder es stellt sich einer neben mich und hält uns beiden sein Handy ins Gesicht, Selfie. Wo ich herkomme wird noch gefragt. Nicht allen geht gerade ein Aufblitzen durch die Pupille, wenn ich artig „Germany“ sage. Die meisten wissen sicher nicht was das denn nun wieder für ein Land ist.
Auf dem Hauptplatz vor der Kirche wird es mir zu bunt, ich verschwinde in die kleinen Gassen hinter dem Platz.
Die Stadt selber bietet nicht so viele Sehenswürdigkeiten. Das Highlight ist die Umgebung von Sa Pa, mit dem höchsten Berg des Landes dem Phan Xi Pang. In der jetzt üblichen modernen Version heisst er: Fansipan.
Man sagt von Sa Pa, dass sie die Stadt mit den 4 Jahreszeiten, aber nicht im Laufe des Jahres, sondern pro Tag ist.
Am Morgen Frühling, Mittags Hochsommer, Nachmittags Herbst (Da kommt tatsächlich der Nebel von den Bergen.) und abends und in der Nacht Winter. So ist es hier wirklich. Von kurzärmlig bis zu Jacke und Pullover gleichzeitig wechselt meine Anzugsordnung am Tag. Es ist die erste Stadt in der ich nachts heizen muß. In meinem Zimmer ist zum Glück auch eine Heizung.
Noch ein sehr schönes Erlebnis:
Beim späten Mittagessen gerate ich ein Restaurant in dem wohl nicht oft Ausländer verkehren.
Speisekarte gibt es nicht. Es steht an der Wand geschrieben, was es gibt. Aber damit kann ich ja nichts anfangen. Gehen darf ich aber auch nicht wieder. Freundlich werde ich von der „Wirtin“ am Arm in die Küche gezogen. Hmh!? So viele Dinge hier. Zum Glück kommt die Nachbarin zur Hilfe, sie kann etwas englisch. Es gibt eh nur Pho. Ich nehme die Hühnchenvariante.
Hinsetzen soll ich mich und auf keinen Fall weggehen. Dauert nur ein paar Minuten. Die Kinder, die darauf lauern ihr Schulenglisch an mir auszuprobieren, werden von der Mutter verscheucht, der Gast soll seine Ruhe haben. Herrlich!
Nur die kleine Tochter hält es nicht lange aus. Sie tänzelt immer in der Nähe herum. Schließlich lacht sie mich an über beide Ohren, will meinen Namen wissen und sagt mir natürlich, auf meine Frage, ihren, Anh. Jetzt kommt die Wirtin noch dazu, die Nachbarin übersetzt. Wo ich herkomme, wohin, wie lange. Man ist sichtlich glücklich einen Ausländer als Gast zu haben, das ist deutlich zu spüren. Als ich dann noch sage, dass es mir sehr gut geschmeckt hat, strahlt meine Gastgeberin über das ganze Gesicht. Sie freut sich ehrlich. Unter vielen „Thank yous“ beiderseits verabschiede ich mich dann schnell, bevor ich hier noch adoptiert werde.
Leute, was soll ich sagen? Ist das nicht wundervoll? Packt Eure Sachen und kommt nach Vietnam! So lange es noch so ursprünglich ist, wie im Moment. Ich verspreche Euch Ihr werdet nichts bereuen (Färbt Euch die Haare hell!)
Am Montag, dem 6. Februar, mache ich wieder eine Treckingtour. Diesmal soll sie nicht so anstrengend sein. Es geht in die umliegenden Dörfer, in die Berge und zwischen diesen steilen Reisterrassen entlang. Der Weg ist zwar manchmal rutschig und feucht, aber im Vergleich zum letzten Wandertag viel entspannender.Immer wieder bieten sich prächtige Ausblicke auf die umliegenden Berggipfel.
Den ganzen Weg über, also fast den ganzen Tag, haben uns etwa ein Dutzend dieser Mong-Frauen begleitet. Sie haben aufgepaßt, dass wir den richtigen Weg nehmen, nicht ausrutschen und etwas Smalltalk gab es auch. Nur um uns am Ende der Strecke, etwas verkaufen zu können.
Na ja, was soll’s, sie sollen ja auch leben. Ich kaufe einen hübsches Tuch, handgestickt, für 5 €. Zum Dank bekomme ich noch ein Band fürs Handgelenk geschenkt.
Aber ich habe hart gehandelt. Sie wollte doch tatsächlich ursprünglich 8 € von mir. Stolz!