Monatliches Archiv: Juli 2014

1. Tag, Creußen – Stadtsteinach

Sonntag, 15.06.14, 64 km

Wieder unterwegs, diesmal auf dem Mainradweg, mal bei uns in Deutschland, im schönen Bayern und ebenso schönem hessischem Land.
Und in wunderschöner Begleitung, Moni ist dabei, endlich mal wieder gemeinsam unterwegs. Wir haben uns einen Flußradweg ausgesucht, da dort normalerweise nicht mit so vielen starken Steigungen zu rechnen ist ( Manchmal gibt es aber Ausnahmen. )
Gestern sind wir von Berlin nach Bayreuth mit dem Fernbus gefahren, noch ein paar Kilometer mit der Bahn und wir waren in Creußen. Creußen liegt ca. 7 Kilometer entfernt von der Quelle des Roten Main. Hier soll unsere Tour starten. Wir übernachteten standesgemäß in einem Gasthaus mit gehobener Ausstattung 🙂 , aber auch nur, weil es weit und breit keinen Campingplatz gab.
Nach einem gutem Frühstück wurde es aber auch gleich ernst. Dummerweise hat es die Natur so eingerichtet, dass Flussquellen immer in den Bergen installiert sind. Sonst wären es ja keine Quellen, weil das Wasser ja nicht weiterfliesen würde, klar. Der Anstieg ist, für den ersten Tag, schon heftig. Da waren wir noch nicht drauf vorbereitet. Es bleibt auch weiterhin hügelig. Flach wird es wohl erst ab Kulmbach.
Wir besuchen Bayreuth. Sehen uns den Hofgarten an, das neue Schloss, das Opernhaus, allerdings wird dort der Zuschauerraum gerade restauriert, man kann nicht alles sehen. Wir trinken Kaffee auf dem Markt, gegenüber einerdieser zahllosen Brunnen in der Stadt.
Der bayrische Himmel ist nicht immer weiß-blau, manchmal auch stahlgrau. Aber es bleibt zumindest trocken.
In Kulmbach sind es noch 12 Kilometer bis zum einzigen Zeltplatz weit und breit. Wir sind ziemlich erledigt von dem auf und ab und versuchen ein Zimmer zu bekommen. Nach einiger Telefoniererei kommen wir zu der Erkenntnis, dass alles unter 70 Euro bereits nicht mehr frei ist. Dann arbeiten wir uns doch lieber noch zu diesem Campingplatz durch. Waren dann nur 16 Euro. Wir investieren einen Teil des Ersparten in ein gutes Abendessen in der dortigen Gaststätte. Wir schwören uns aber, morgen endlich selber zu kochen.

36. Tag, Altstätten – Friedrichshafen, über St. Margrethen

Donnerstag, 29.05.14, 56 km, ca. 20 km mit der Bodenseefähre

Es gibt einen Unterschied zu den Frauen in Frankreich und denen in der Schweiz. Der heiratswillige Schweizer, auf dem Land hat er zwecks geringer Auswahl auch gar keine andere Wahl, kauft oft in Fernost. Es gibt daher auch sehr viele Asiatinnen hier im Lande (keine Asiaten). Aber im Katalog noch schlank und rank, wandeln auch sie sich, sobald sie hier sicher sind, zusehends. Hmmh, die leckeren Käsespätzle und die Grüßdi-nümmst-du-Schokoli. 🙂 Aber der Gatte hat das Geld. Ausgerüstet mit den letzten Highendprodukten der Sportindustrie, automatischem Routingfinder, infrarotgesteuerter Schuhgrößenanpassung, interdidaktischem Onlinecouching werden sie mit 2 Stöckern in der Hand zum Kalorienverbrennen ins Gelände geschickt. Wenn’s hilft. Es begegnen mir wirklich auffallend viele joggende, walkende, mountainbikende mandeläugige Frauen. Wie anders, sollte das sonst zu erklären sein? Man macht sich so seine Gedanken.

Heute geht es früh los. Es zieht mich wohl nach Hause. Sehne mich nach Moni.
Vor 9 bin ich schon weg. Nur 20 km in der Nähe des Rheins entlang, Wechsel nach Österreich und da ist er, der Vater aller Seen, der Bodensee. Ich fahre durchs Rheindelta. Der mündet hier in den Bodensee, um am anderen Ende wieder aufzutauchen. Weiter geht es am südlichen Ufer des Sees. Erreiche das Ende der Veloroute 9 durch die Schweiz, von West nach Ost, den Ort Rorschach. Fahre noch ca. 15 km weiter bis zur Fähre von Romanshorn nach Friedrichshafen im guten, alten Deutschland.
Wegen der ebenen Strecke habe ich kurz nach 12 bereits 55 km geschafft, nehme die Fähre um 12:36 Uhr und erreiche erstmals wieder deutschen Boden nach 45 Minuten Überfahrt. Ich war in meinem Heimatland das letzte Mal am 23. April. Die Zeit ist schnell vergangen.
Ich habe an meinem Fahrrad gewartet und gewartet, ehrlich, aber es kam keiner zum Kassieren. Was sollte ich machen? Ich hoffe die Fährgesellschaft wird mir verzeihen.
Der Campingplatz ist nicht weit weg vom Hafen. Ich möchte einen Tag hier in Friedrichshafen bleiben, zum Ausklang. Werde mir das Zeppelinmuseum ansehen und am Samstag mit dem Fernbus nach Hause fahren. Sehr bequem, ohne Umsteigen.

So nun endet auch meine Alpendurchquerung. Na ja, wollen wir ehrlich sein, eigentlich habe ich die Alpen ja nur tangiert. Die Hauptkämme sind etwas südlicher von meiner Route gewesen. Hat auch so gereicht. Die Steigungen sind kaum mit einem schweren Tourenrad hinzubekommen. Ausgeschildert ist die Route allerdings vorbildhaft. Man kann getrost ohne GPS durchs Heidiland kurven.
Zusammen mit Frankreich habe ich jetzt so ungefähr 2300 km per Rad zurückgelegt. Auweia, jetzt möchte ich mal ein paar Tage auf meiner Couch zu Hause verbringen.
Übrigens ist heute Vatertag. Ich bin Deutschland und kann mir wieder ein Bier in einem Restaurant leisten. Hurra!

35. Tag, Walenstadt – Altstätten, über Sargans

Mittwoch, 28.05.14, 71km

Ich treffe beim Geschirrspülen einen älteren Holländer. Er ist ganz aufgeregt, weil er hier morgen seine Enkelin besucht, die hier Arbeit gefunden hat an irgendeinem wissenschaftlichen Projekt. Hat mit Bergbau zu tun. Er ist über Konstanz angereist. Und erzählt gleich von seinen Erinnerungen. Er war dort schon vor 60 Jahren das erste Mal, zusammen mit seinem Vater. Sie hatten ein selbstgebautes Wohnmobil mit einer LKW-Karosse. Die deutschen Kinder haben Steine nach ihnen geworfen, weil sie so ein Teufelsding, Haus mit Auto, überhaupt nicht kannten. Ich werfe ein, dass es ja auch kurz nach dem Krieg war. Da waren andere Dinge wichtiger. Er erklärt mir, dass es unhöflich ist gegenüber Deutschen, vom letzten Krieg zu sprechen. Interessant?
Wir fachsimpeln noch wer das Caravaning erfunden hat. Er ist der Meinung die Engländer. Hmmh?!
Durchs das Tal der Seez geht es zügig voran. Ich werde von weiteren Berg- und Talfahrten verschont. Die dicken Wolken dort über den Berggipfeln machen mir etwas Sorgen, aber es bleibt zum Glück trocken.

Dieses Kuhgeglocke kann einem ganz schön auf die Nerven gehen. Das geht ja ununterbrochen. Ich kann ja weiterfahren, aber wenn man genau neben so einer Weide wohnt und es gibt so viele davon. Und gucken tun die auch immer etwas starr. Ich versuche zu provozieren und rufe: „Riiiiindeeersuppe“. Keine Reaktion. Es wird weitergekaut.
Hinter Sargans erreiche ich ihn: Den Rhein. Auf dem Damm geht es weiter. Er wird mich ab nun bis zum Bodensee begleiten.
Ich werfe meinen Apfelgriepsch in den Fluss und versuche zu errechnen, wie lange der wohl bis zur Nordsee brauchen wird. Hmmh? Wer weiß.
Bei Sevelen verlasse ich das Land und reise ins Fürstentum Liechtenstein ein. Bin auch gleich in der Hauptstadt, Vaduz. Vorbei am Regierungssitz, die Fußgängerzone besucht, Magneterinnerungsshild gekauft, bin ich auch schon wieder raus aus dieser Stadt. Liechtenstein ist auch so ein putzi, schnucki, aufgeräumt Ländli. Kein Schmutz, kein Stück Papier auf der Straße, kein Graffiti, kein Grashalm über schreitet die Höhentoleranz.
Die Preise scheinen mir etwas günstiger zu sein, als in der teuren Schweiz. Kunststück es sind auch nur 8% Mehrwertsteuer. Ein paar Kilometer noch und dann geht es zurück in die Schweiz. Fahre auf meinen Campingplatz, reicht für heute.
Morgen geht es bis zum Bodensee.

34. Tag, Weesen – Walenstadt

34. Tag, Dienstag, 27.05.14, nur 16 km

Bisher hatte ich immer Glück mit dem Wetter. Es war wesentlich besser, als vorhergesagt. Aber das scheint vorbei zu sein. Es hat die ganze Nacht geregnet und es hört nicht mehr auf. Irgendwie muß ich ja weiter. Hier will ich auch nicht bleiben. Ist ja nichts hier außer See und Berge. Ich packe erstmals meine Sachen im Zelt zusammen, anstatt alles rauszuwerfen und dann einzupacken. Etwas fummelig, aber es gelingt.
Ich bin zwar ganz gut gegen Regen geschützt, aber es platscht einem doch immer ins Gesicht, die Hände werden kalt. Rette mich kurzzeitig in ein Cafe und lese dort den Wetterbericht in der Zeitung. Heute bleibt es regnerisch, am Nachmittag etwas weniger. Morgen größtenteils trocken.
In Walenstadt ist der letzte Zeltplatz vor dem Bodensee, laut meine Liste.
Also beschließe ich nicht wieder in die Schweizer Bahn zu investieren, sondern auf dem Campingplatz in Walstadt diesen Regentag auszusitzen. Kann mir ja die Stadt ansehen und Ansichtskarten schreiben.
Verluste des Tages: Der Rest der Brille.

33. Tag, Luzern – Weesen

Montag, 26.05.14, 90 km , 20 km Bahnfahrt von Zug nach Bibersbrugg

Aufgestanden! Nichts für Langschläfer hier. Der Mann mit dem Rasenmäher nimmt seine Aufgabe sehr ernst. Hab‘ auch genug geschlafen. War ja schon um 9 im Bett.
Ja, heute habe ich auf meiner Karte keinen Zeltplatz in Reichweite. Ich kann nur einfach losfahren. Es gibt hier nicht so viele Campingplätze, dafür Millionen von Hotels. Naja, was soll der durchschnittliche Steuerhinterzieher sonst auch machen? Die Geldkoffer in das Vorzelt stellen? Da bietet sich wohl eher das Hotel an.
Ich fahre, hinter Luzern, entlang der Reuss. Es sind tatsächlich 40 km ohne eine nennenswerte Steigung. Das hatte ich während der ganzen Tour noch nicht. Dafür ist aber auch die Gegend langweilig. Autobahn, Industriegebiete und Wohnsilos. Es ist nicht überall schön in der Schweiz.
In Zug, am Zuger See, nehme ich auch denselben und fahre mit zweimal Umsteigen nach Biberbrugg. Treffe einen sächsischen Schaffner in Schweizer Uniform, der mir erklärt, dass ich die falsche Fahrkarte habe. Ich muss ausnahmsweise keine 90 Franken Strafe zahlen, dafür 20 Franken Servicegebühren. Aha, welcher Service? Ich habe meine Fahrkarte am Schalter gekauft. Der Schalterschweizer war sehr freundlich und hat mir diese Strecke rausgesucht und nun alles falsch? Wenn man sich nicht mal mehr auf die Schweizer Bahn verlassen kann …?!
Dafür geht es per Schußfahrt runter bis nach Pfäffikon. Rüber uber den Seedamm nach Rapperswil. Dieser Seedamm trennt den Zürichsee und den Obersee voneinander. Die Strecke bleibt eben. Wundervoll, kenne ich garnicht so. Es ist ja auch das Schweizer Voralpenland. Da gibt’s eben keine Alpen, hier herrscht eben Ordnung. Aber es kommt auch kein Zeltplatz. Ich kaufe alles zum Abendbrot ein und finde mich damit ab, bis zur Dämmerung zu fahren und dann ein Plätzchen zum Campen zu suchen. Habe ja alles dabei.
Und es geschieht ein Wunder. Hinter Weesen, am Ufer des Walensees, fahre ich auf einmal mitten durch einen Campingplatz. Es sind meist festinstallierte Caravananhänger, aber egal, ich bin gerettet. Es gibt auch 2 Waschhäuser, allerdings sind die Duschen gesperrt, wegen Umbaus. Es gibt aber warmes Wasser aus dem Hahn, genügt doch, bin ja bescheiden geworden. Man soll bei Abreise beim Platzwart bezahlen? Wo ist der denn? Ich bin fast alleine hier. Schwimme nackt im herrlichen Walensee.

32. Tag, Interlaken – Luzern

Sonntag, 25.05.14, 62 km, 21 km mit der Bahn.

Hier, nördlich über Interlaken, sind übrigens die drei 4000-er Gipfel: Mönch, Jungfrau und der Eiger. Eigernordwand, da gibt es viele Geschichten darüber.
Morgens um 08:00 Uhr ist der Trupp Chinesen, der die 4-Bettzimmer bewohnt, schon wieder im Lärmmodus. Gestern abend wurde noch lange zur Gitarrenmusik karaokt. Aber siehe da, alle sind schon wieder munter. Mit viel Gekreische wird der Frühstückstisch fotografiert. Dann alle amm Frühstückstisch und noch mal dahinter. Jedes Foto wird lautstark kommentiert. Bin gleich weg.
Die Strecke nach Meiringen wird anstrengend. Das habe ich schon auf der Karte gesehen. Es geht über dem Brietzer See entlang. Wieder Steigungen über 10 % oder waren es 65. Macht auch keinen Unterschied. Die Alternative wäre die flachere Landstraße. Aber die führt durch 3 Tunnel und mit Fahrrad darf ich da nicht durch.
Werde aber nach 15 km Anstrengung mit einem Blick auf den sehr hohen Giessbacher Wasserfall belohnt.
Ab Meiringen fahre ich ein Stück mit der Bahn und erspare mir so den Brünigpass und somit 450 Höhenmeter und Anstiege bis man hinten wieder über kippt.
Die Bahn fährt am Lungerer See entlang entlang bis Giswil. Habe einen netten Sitznachbarn. Er fährt zum Bogenschießen, richtig professionell und erklärt mir alles dazu was ich wissen muß.
Nach 20 km kommt der Alpnacher See. Hier findet eine Radfahrveranstaltung statt. Ich bin auf einmal mitten in Dutzenden von Mountainbikefahrern. Alle super ausgerüstet, totschick und sportlich gekleidet. Ich sehe nur Adidas und Nike.
Ich fahre an der Uferstraße noch um 2 Bögen und da ist er, der buchtenreiche und vielverästelte Vierwaldstätter See. 4 Kantone grenzen an ihn.
Ich war hier schon mal 1990, allerdings mit dem Auto, da hatte ich eine Zeitlang in Baden-Würtemberg, genau genommen, in Waldshut-Tiengen gelebt. Wie lange das her ist und was alles seit dem passiert ist.
Hier ist für heute Schluß. Morgen fahre ich noch durch Luzern.
Verluste des Tages: Der linke Bügel meiner Brille.

31. Tag, Chateau-d‘- Oex – Interlaken, über Spiez

Samstag, 24.05.14, 73 km Fahrrad, 17 km mit dem Zug

Hatte gestern abend noch eine interessante Begegnung. Mein Nachbar Caravannachbar auf dem Campingplatz lud mich noch zum Tee, auf der Terrasse, die zum Patz gehörte, ein. Er wohnt schon seit September hier. Ist gebürtiger Syrer, aber schon vor dem Krieg hier gelandet. Er war mit einer Schweizerin verheiratet oder ist? Ich verstehe nicht alles. Er spricht englisch, aber in einer ganz anderen Betonung. Trotzdem unterhalten wir uns noch sehr gut über den Islam, die Interessen der Mullahs (Er mag sie nicht.), die Motivation von Selbstmordattentätern etc.. Dann ist der Tee alle. Bin auch müde genug.

Morgens regnet es, fürchte schon das bleibt so. Aber pünktlich um 08:00 Uhr ist er ganze Spuk vorbei, die Sonne kommt wieder raus. Da gibt es kene Ausrede mehr zum Liegenbleiben. Auf kleinen Wegen geht die Tour weiter. Die Schweizer sind sehr rücksichtsvoll, wenn sie mir mit ihren Autos begegnen. Sie fahren weit an den Rand oder bleiben stehen, bis ich vorbei bin. Angenehm. Ich fahre bis Saanen und dann 17 km mit dem Zug, bis Zweisimmen. So umgehe ich eine Steigung von über 10 %. Das schaffe ich auch nicht mehr mit meinem Rad. Ich müsste schieben. Mehr Gänge geben die Zahnkränze einfach nicht her. Ist ja auch ein bisschen unfair so ein Anstieg von vielleicht 15 %.

Ich fahre nun durchs Simmental, im Berner Oberland. Durch das enge Tal weht mir aber ein kräftiger Wind entgegen und das bei der schmalen Strecke. Es ist zwar alles bis zum Rand voll mit Natur hier und wunderschön anzusehen, aber das Land ist auch aufgeteilt bis zum letzten Quadratzentimeter. Überall Bauernhöfe, mit Abstand zwar voneinander, aber die Wiesen dazwischen sind alle eingezäunt oder zumindest mit einem Weidezaun umspannt und überall steht schon eine Kuh. Ich kann mich garnicht an den Wegesrand setzen, weil ich dann einen gewischt kriege von dem 10000-Volt-Zaun.
Um 2 erreiche ich den 2. See auf meiner Tour, den Thuner See und den Ort Spiez. Fahre noch weiter bis nach Interlaken.
Interlaken ist ein überlaufender Touristenrummelplatz. Halb Peking und Tokio auch, sind hier. Der Rest kommt morgen.

30. Tag, Vevey – Chateau-d‘- Oex, über Chatel-St.-Denis, Bulle, Grandvillard, Montbovon

23.05.14, Freitag, 65 km

Es hat die ganze Nacht über nur so gegossen. Dachte schon das hört garnicht mehr auf. Aber am Morgen ist es zwar noch stürmisch, aber die Sonne lässt sich schon sehen. Wunderbar, dann kann es ja losgehen.
Ich fahre von Vevex mit der Zahnradbahn bis zum Mont Pelier und spare mir so 400 Höhenmeter. Ausserdem ist es ein Erlebnis sich in diesem Ding hoch über die Stadt und den Genfer See ziehen zu lassen. Allerdings muss ich dann, um Anschluss an die ursprüngliche Route zu bekommen, Steigungen überwinden bei denen ich schieben muss. So viel hat die Abkürzung dann wohl doch nicht gebracht.
Es geht auf kleinen Wegen dahin. Von einem Bauernhof zum nächsten. Dazwischen haufenweise Kühe, die mich manchmal verständnislos anglotzen, aber zum Gruss mit ihren Glocken bimmeln. (Wie die das aushalten, den ganzen Tag das Gebimmel?!)
Die Anstiege sind kurz, aber heftig. Ich versuche es mal auf der Landstraße, da sind die Steigungen moderater. Nach ein paar Kilometern gebe ich auf und fahre auf die Route zurück. Ist mir doch zu viel Verkehr, ausserdem eine etwas langweilige Strecke. Und ich werde belohnt, die Landschaft wird immer reizvoller. Kleine Dörfchen mit uralten Bauernhäusern, immer eine Kirche mit spitzem Turm, Berge, grüne Wiesen und Sonnenschein. Das reinste Heidiland, wie in dem Film.
Erwische einen kleinen Zeltplatz. Die Ausstattung ist überraschend nobel, sehr gepflegte Waschräume, sogar mit Fön versehen. Aufenthaltsräume und Trockenraum. Kostet aber auch mehr, als in Frankreich. Das ist hier überall so. Abends kommt jemand zum kassieren vorbei, 15,50 Franken. Aber nur, weil ich nicht ganz ehrlich bin mit der Antwort, ob ich Strom brauche. Sonst hätte es mehr gekostet, der Strom fließt aber trotzdem. ;^)
Über den Bergen ziehen dunkle Wolken auf. Ich muss mich beilen mit meinem Abendbrot. Heute gibt es Schweizer Rösti, aus der Pfanne. Hmm

29. Tag, Vevey – Montreux und zurück mit dem Zug

Donnerstag, 22.05.14, Stadtbummel

Ich beschließen am Morgen kurzfristig, heute doch noch nicht loszufahren. Das Wetter soll sich zum Mittag ändern. Gewitter sind angesagt. Außerdem ist Montreux sicher einen Besuch wert. Vielleicht bekomme ich ja dort einen Plan von meiner Veloroute 9. Den ich gestern, hier in Vevey, vergeblich gesucht habe. Ich fahre mit der Bahn.
Montreux ist eine schicke, mondäne Stadt. Manchmal stören diese mißglückten Neubauten ein wenig, die passen nicht so ganz ins Bild. Breite, gepflegte Uferpromenade. Ich schlendere entlang, trinke Kaffee … und wen treffe ich dort? Freddy Mercury, zumindest eine Statue von ihm. Er verbrachte hier seine letzten Lebensjahre. Auch sonst hat die Stadt viel mit Musik zu tun, zur Zeit läuft das alljährliche Jazzfestival. Im Juni ist ein Klassikfest. Der Eurovisionscontest fand hier wohl auch schon zweimal statt.
Ein halber Tag reicht, so groß ist die Stadt nicht. Es ist auch alles ganz schön teuer. Ich finde tatsächlich den einzigen Buchladen der Stadt und es gibt genau ein einziges Exemplar des Radtourführers Veloroute 9. Das ist doch Glück! Und ein richtiges Schnäppchen, 25 € für ein 30-seitige Broschüre, die auch nur in französische ist. Egal, ich brauche das Ding, schon weil ich das einzige Exemplar, gefunden zu haben scheine.
Ich kann nicht widerstehen und kaufe mir ein echtes Schweizer Taschenmesser. Die sind schon gut und offensichtlich auch preiswerter, als bei uns. Ich muss mich nur noch daran gewöhnen, dass ich wieder auf deutsch verstanden werde. Alle sprechen zwar französische, aber die meisten verstehen und sprechen auch deutsch. Ich verfalle manchmal noch in dieses englisch-mit-meinen-3-französischen-Vokabeln-Gebärdensprachen-Konglomerat. Ich breche mir fast die Zunge und alle sehen mich verständnislos an und antworten dann immer im ganz normalem Deutsch.

28. Tag, Genf – Vevey

Mittwoch, 21.05.14, 66 km

Gestern auf meinem Campingplatz war auch ein kleines Restaurant. Nichts Besonderes, war auch nicht so teuer, Spargelgericht 12 Euro. Aber abends ging es los, die reinste Automobilmesse auf dem kleinen Parkplatz, breiter, schneller, höher. Nichts unter 50 000 €. Und ich mit meiner Waschtasche, Jogginghose und auf Badelatschen musste da immer durch. Kam mir so arm vor. Haben die hier alle so viel Kohle oder muss man es hier nur zumindest so aussehen lassen? Kommt ein Krawumm-BMW mit 1 m Einstiegshöhe, hält vor der Schranke, die Gattin muss aussteigen und die Schranke hochwuchten, das war eine mit einem Gewicht aussen dran. Sie hat sichtbar Mühe, das zu schaffen. Der Gatte bleibt gelassen drin sitzen und hält das Lenkrad fest. Muss man ja bewachen so ein Lenkrad. Lenkraddiebstahl ist ja die zweithäufigste Straftat in der Schweiz, weiss man ja. Na ja.
Heute fahre ich den Genfer See entlang. Ich muss nach Vevey, kurz vor Montrieux. Hier startet meine Tour in die Berge. Es gibt mal keine nennenswerten Steigungen. Auch ein Radweg ist vorhanden. Rechts der See, darüber die dicken Awesen hinter dicken Mauern, linke Seite die Weinhänge. Die Alpen kommen immer näher. Oh, da will ich hoch?
In Lausanne mache ich Mittag und bin schon um 3 in Vevey. Schöner Platz, wieder direkt am See.
Ich fahre noch in die Stadt, zum Einkaufen.
Verluste des Tages: Meine Sonnenbrille, einfach zerbrochen, in der Mitte durch. Das teure italienische Designerstück. Auch nur Mist.