Ich lege mich auf meinen Liegesesel im klimatisierten Bus, decke mich mit einer Decke zu und sehe aus dem Fenster. Es geht die Küstenstrasse entlang. Auf dem Meer sind dutzende von kleinen Fischerbooten zu sehen. Sie benutzen starke Scheinwerfer, die aufs Wasser gerichtet sind, um die Fische anzulocken. Schöner Anblick, wie das alles so leuchtet. Es dauert nicht lange und ich schlafe ein.
Um 6 am Morgen erreichen wir Hoi An und stolpern alle schläfrig aus dem Bus.
Es gibt schon Cafes, die offen haben. Erstmal einen starken Kaffee.

Hoi An ist ein „Freilichtmuseum“. Die Altstadt hat sich seit 200 Jahren fast unverändert erhalten. Auch im Krieg wurde hier nichts zerstört. Allein 800 verschiedene Objekte in der Altstadt gehören zur Liste des Unesco-Weltkulturerbes. Also gucke ich mir mal an, die Sache. War ja schon im Hotel und bin jetzt wieder frisch.
Einen großen Markt gibt es auch noch zu durchstöbern und mitten durch die Stadt fließt ein breiter Fluß, Thu Bon genannt.
Was mir nicht gefällt: Unheimlich viele Touristen hier und Preise!, ist zwar immer noch preiswerter, als bei uns, aber so teuer war es nicht einmal in Saigon. Vier € für ein kleines Omelett und einen Tomatensaft!

Heute abend muß ich mir mal Gedanken machen. Es naht das Tet-Fest. Das ist in Vietnam die größte Feier des Jahres, wie bei uns Weihnachten und Silvester zusammen. Es ist das Neujahrfest in der Nacht des Neumonds des 1. Mondmonats. Es endet an diesem Tag der 5-tägige Himmelsbesuch des Herdgottes, denn dieser kehrt in die Familienküche zurück. Jawohl!
Alle Vietnamesen fahren zu ihren Familien. Die Transportmöglichkeiten sind meist ausgebucht, die Hotels oft auch und ganz schlimm: Es wird Urlaub gemacht und zwar im ganzen Land. Also manche Busunternehmen haben auch noch geschlossen. Alles steht still!
Oder sagen wir mal, Vieles. Ich muß also zum Fest an einem Platz sein, wo ich länger bleiben kann. Am liebsten wäre mir Hanoi, die Hauptstadt.

Dass Tet nicht mehr weit weg ist, sieht man daran, wie alles rausgeputzt wird. Vieles bekommt einen neuen Anstrich, es wird geputzt und gefegt, repariert und renoviert. Strassen, Plätze und Häuser werden mit großen Blumenensembles geschmückt. Man hat nur Glück im neuen Jahr, wenn alles top herausgeputzt wird. Daran glaubt man hier fest.
Übrigens: Zwischen diesen Ansammlungen von riesigen Blumentöpfen sitzen versteckt und verteilt einzelne Männer und Frauen, am Tag und in der Nacht, man sieht sie nicht von Weitem, das ist das Wachpersonal. Denn die Blumenkunstwerke sind sehr teuer, aber Arbeitskraft eben nicht so.

Abends leuchten in der Altstadt hunderte von Papierlaternen. Man kann sie hier auch kaufen. Man bekommt sie handlich zusammengefaltet. Aber die ENTfaltungstechnik ist eine Wissenschaft für sich, kompliziert.
Man merkt sofort, dass die Einheimischen hier Touristen gewöhnt sind. Sie sind nicht mehr ganz so freundlich und ziemlich abgeklärt. Es geht wohl nur noch ums Geschäft.
Das ursprüngliche Vietnam ist mir ja deutlich lieber, ob ich es noch einmal finde auf meiner Reise?
Bestimmt! Alles halb so schlimm. Schon in meinem Hotel und etwas abseits der Touristenströme, auf dem Weg dorthin, stosse ich wieder auf diese freundlich lächelnden Menschen. Ein wundervolles Land! Ich fühle mich wohl.

Am Freitag mache ich einen Ausflug nach My Son, etwa 50 km von hier. Es war die heiligste Stätte der Cham-Kultur und ist übersät mit den Ruinen der verschiedensten Tempel und Heiligenstatuen. Sie wurde genutzt in dem Zeitraum zwischen 2. bis zum 14. Jahrhundert.
Danach in Vergessenheit geraten und im 19. Jahrhundert von den Franzosen wiederentdeckt. Trotz amerikanischem Bombardement ist noch vieles erhalten und wird nun wieder aufgebaut. Natürlich auch auf der Unesco-Liste.
Wir haben einen Reiseleiter, der uns die Zusammenhänge gut erklärt. Eine Schweizerin übersetzt Unverständliches für mich und ihre Freundin.
Hin ging es mit dem Bus, zurück per Boot. Wir bekommen auch einen kleinen Imbiss an Bord.
Die Gruppe ist international aufgestellt… Schweizer, Deutsche, Amerikaner, Engländer, irgendwo aus Skandinavien, Inder, Chinesen und Vietnamesen. Die meisten tauschen sich kurz aus, woher und wohin, wo war es am Schönsten. Ein bißchen Englisch kann jeder. Ist doch toll, so viele verschiedene Menschen aus der ganzen Welt, an einem Ort!
Und da gibt es doch tatsächlich Leute, die ihre eigenen Länder für das Größte halten, die Landesgrenzen wieder hochziehen wollen und sich Abschottung vom ganzen Rest der Welt ersehnen.